"Der Kirchenvater Laktanz behauptet bei seiner Schilderung des künftigen Tausendjährigen Reiches Christi, es werde dann das eintreten, was den Angaben der Dichter zufolge
im Goldenen Zeitalter unter der Herrschaft Saturns der Fall war."
"Schon am Anfang der Regierungszeit Neros verkündet Seneca in seiner Satire
Apocolocyntosis die Begründung
eines neuen Goldenen Zeitalters durch den jungen Herrscher. Der Dichter Calpurnius Siculus, ein Anhänger Neros, preist
das Goldene Zeitalter (aurea aetas),
das dank Nero „wiedergeboren wird“; Saturns Herrschaft wird erneuert, das Volk kehrt zu den alten Sitten zurück,
der Krieg verschwindet restlos."
"Der erste europäische Autor, der den Mythos erzählt, ist der Dichter Hesiod (spätes 8. oder frühes 7. Jahrhundert v. Chr.). Er spricht aber nicht von einem Goldenen Zeitalter, sondern nur von einem
„goldenen Geschlecht“,
einer Menschengattung, die in ferner Vergangenheit lebte. In seinem Lehrepos Werke und Tage schildert Hesiod die Zeit
des goldenen Geschlechts, das die unsterblichen Götter geschaffen hatten. (die ELohim, anm. CP) Damals herrschte im Himmel
der Gott Kronos, der Vater des Zeus.
Die Menschen lebten sorglos
wie Götter in ungestörtem Frieden, frei von Kummer, Plagen und Jammer, hüteten ihre großen Viehherden und genossen ihre üppigen Mahlzeiten."
"Im Unterschied zu Hesiod unterscheidet Platon nur zwei Phasen: die der Herrschaft des Kronos, in der die Verhältnisse optimal sind, und die Verfallszeit, zu der die Gegenwart gehört. Die beiden Phasen lösen einander zyklisch ab. In der Zeit des Kronos untersteht die Welt einer durchgreifenden göttlichen Lenkung."
"Auf Hesiods Angaben über die nach Metallen benannten Menschengattungen nimmt Platon mehrfach ausdrücklich Bezug. (...) Unter diesem Gesichtspunkt teilt er
die Menschen in drei Gruppen auf: goldene, silberne und eherne oder eiserne. (...) Die
Herrscherrolle steht dem Stand der „goldenen“ Personen zu. Im Idealstaat
regieren sie allein und
grenzen sich scharf von den beiden anderen Ständen ab. Vermischung der Stände führt zu Konflikten und Unheil."
"Zu Ehren des Kronos wurde das Fest der Kronia gefeiert, über dessen Ursprung und Bedeutung wenig bekannt ist.
Den Kronia entsprachen in Rom die außerordentlich populären Feierlichkeiten der Saturnalien. Die Saturnalien gehörten zum Kult des italischen Gottes Saturn.
Saturn wurde traditionell mit Kronos identifiziert. Daher pflegte man
das Goldene Zeitalter, in dem Kronos die Welt regierte, lateinisch auch Saturnia regna („Herrschaft Saturns“) zu nennen. "
"In den ersten Jahren des 1. Jahrhunderts gibt der römische Dichter Ovid dem Mythos Hesiods eine neue, einprägsame Gestalt. Im ersten Buch seiner
Metamorphosen beginnt er
die Verherrlichung des Goldenen Zeitalters mit den berühmten Worten Aurea prima sata est aetas ... („Als erstes entstand das Goldene Zeitalter“)." (...) "
Der Lenker dieser paradiesischen Welt ist Saturn."
"Mit jedem Weltuntergang wird die degenerierte Menschheit vernichtet, mit jeder Weltschöpfung entsteht eine neue Menschheit. Der kosmische Neuanfang ist der Beginn einer neuen Herrschaft Saturns, in dessen Auftrag die Gerechtigkeitsgöttin Justitia die Lenkung der Erde übernimmt."
"Im ersten Buch der Sibyllinischen Orakel wird eine Weltalterlehre dargestellt, in der biblische Vorstellungen dominieren, aber auch hesiodische Motive eine wichtige Rolle spielen. Beschrieben wird eine Abfolge von Geschlechtern, die mit Adam und Eva beginnt. (...) Die Sibylle, die als Urheberin der Weissagung auftritt, stellt sich als Angehörige des sechsten Geschlechts dar, das mit Noach begann und ausdrücklich als „golden“ bezeichnet wird.
Es entspricht dem „goldenen Geschlecht“ Hesiods. (...) Sie haben Umgang mit Zebaot, dem biblischen Gott;
Kronos regiert als König."
"Im frühen 4. Jahrhundert befasst sich der Kirchenvater Laktanz eingehend mit dem Mythos vom Goldenen Zeitalter und deutet ihn christlich um. (...) Der
Herrscher des Goldenen Zeitalters, Saturn, ist bei Laktanz kein Gott, sondern
ein menschlicher König."