Samstag, 31. August 2024

Abt. Animekritik: Der Junge und der Reiher


Man hat die Woche gemeistert, sich auf ein weiteres Durchgeglückt, die Sterne standen günstig, man wurde in keinen Verkehrsunfall verwickelt, dieser Junge darf noch weiterleben. Danke Jesus? Ja. Selbstverständlich. Ist man auch noch so versunken und verankert in der eigenen Realität der Observierung, so sollte man den Sinn für das ungleich grössere Werk doch nie aus dem Bewusstsein lassen. Du und ich, wir sind am Ende des Tages nur zwei Staubkörner auf dem Tableau irdischer Präsenz seit Anbeginn, die zufällig in der gleichen Sequenz zur Erde fallen und dann und wann die Sonne reflektieren. Nichts, worauf man sich was einbilden sollte.

Ich hab mich gefreut auf den neuen Studio Ghibli Film, alle Spoiler grossräumig und erfolgreich umschifft, Downloads aus dem Netz auf 07 ignoriert, denn ich wollte mir die noch unberührte Experience eines Filmabends erst dann gönnen, wenn ein DACH Publisher sich die Lizenz gesichert und diesen wohl letzten Streich von Miyazaki auf einem physischen Medium veröffentlichen und zeitgleich zum Kauf feilbieten wird.

Diese Zeit ist nun gekommen, der BR Release mit einer grossartig gelungenen deutschen Synchro ist erschienen, und so hab ich mir das nun gegönnt. Hat mir sehr gut gefallen! Mit der leichten Hand des Könners schafft es Studio Ghibli abermals, aus einem zu Beginn des Filmes sehr irdisch-rationalen Setting gefühlt nahtlos in eine Fantasiewelt überzuleiten, die sich darum aber nicht minder echt anfühlt. Wir haben hier über 2 Stunden Material präsentiert, das tatsächlich über die gesamte Laufzeit keine Minute über langweilig wird. Ich hab tatsächlich "Pause" gedrückt, wenn ich zur Zwischenverpflegung kurz den Sessel verlassen hab. So gut ist dieses Werk!

Sehr besonders gefällt der Jury Miyazakis Art des Self-Inserts, der in keiner Sekunde plump daher kommt. Sehr gut eingeflochten! Diese Story harmoniert prächtig, ist in sich geschlossen und baut mit Stein, Stein auf Stein, ich bin begeistert! "Nausicaä" gibt uns die ungestüme Welt jugendlicher Ideale eines Regisseurs, der mit diesem Werk, gereift, irgendwo enttäuscht und ernüchtert in den Heimathafen zurückkehrt, zurückkehren will. Die letzte Szene vor dem Abspann ist Gold.

Der Soundtrack wurde dezent und sehr präzise in die Darbietung eingeflochten, die visuelle Präsentation macht Freude, grossartiges Artwork, sehr harmonisch, sehr behaglich und erfreuend. Im Finale fehlt allerdings dieser besondere Moment, die ergreifende, rührende Auflösung, die man aus anderen Ghibli Produktionen kennt und liebt. Hier wollte offenkundig ein letzter Stein gesetzt, der letzte Strich eines vielbändigen Werks gezogen werden, so wirkt das Finale dieser Produktion. 

"Der Junge und der Reiher" ist nicht Ghiblis beste Produktion, aber mE Miyazakis ehrlichste, womöglich best-destillierte Darbietung. Mir persönlich gefällt im Ghibli-Universum Takahatas Stil besser, ich liebe seine Produktionen, aber ich muss schon sagen, Miyazaki konnte hiermit abermals dick punkten bei mir. Voraussichtlich werde ich "Der Junge und der Reiher" unmittelbar nach "Kikis kleiner Lieferservice" rangieren, wir werden sehen.


1 Kommentar:

  1. Buchenwald: A Dumb-Dumb Portrayal of Evil
    https://www.bitchute.com/video/P4EBBbNPul96

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