Ein legendäres Wochenende

Nebst der üblichen Berichterstattung nun mal ein Beitrag über ein persönliches Erlebnis, wird vielleicht hier im neuen Blog öfters der Fall sein.

Heut' ist mein Tag frohlockte es hier am Samstag, und ich sollte recht behalten. Das Wochenende war - auf einer ganz persönlichen Ebene - schlicht legendär und es ist mir ein Bedürfnis, die Ereignisse soweit festzuhalten.

Da meine gedachte weibliche Begleitung einige Tage zuvor einen Rückzieher machte, ein glücklicher Umstand rückblickend, wollt ich alleine erst gar nicht hingehen. Im Lauf des Nachmittags hielt ichs dann aber doch mit Nietzsche, sagte JA zur besten Gesellschaft, und fand mich bald drauf am Bahnhof ein. Ohne Zubehör in Taschen fuhr ich im Zug nach Uster, dort warteten auch bereits ein paar farbige Gestalten auf den Shuttle-Bus, der zu jeder vollen Stunde hoch zum Festgelände fuhr. Ein kurzes Gespräch später hatte ich zumindest was zum Rauchen, ein kurzer Regenschauer folgte, dann kam auch schon der Bus. Dieser war so überfüllt, dass für einen Kontrolleur ohnehin kein durchkommen gewesen wäre, und so verzichtete ich grosszügig auf den Fahrschein, auch dieser Umstand sollte sich noch als glücklich erweisen.

So gegen halb 8 war ich auf dem Gelände, eine umzäunte Lichtung im Wald, sehr gemütlich. Unverschämte 35.- Franken waren gefordert, ich wurde mit einem Leuchtbändel markiert, die Security vertraute den eingeschleppten Taschen umstehender Besucher blind und winkte alles durch. Natürlich war ich nicht ohne Hintergedanken an diese Goa Party gekommen; der zweitoberste, konkrete Punkt auf meiner imaginären Liste der noch zu machenden Erdenlebens-Erfahrungen sollte abgehakt werden, ein Punkt mit drei Buchstaben. Auf der Tanzpiste fand sich bald ein Typ ein, der besagte drei Buchstaben mit einem Edding auf sein Schienbein geschrieben hatte und Blickkontakt suchte. Da ich mich nun entschieden hatte, mich heute ganz dem Schicksal hinzugeben, trat ich in Kontakt und bald darauf war ich stolzer Besitzer eines Stücks. Ich hielt es für angebracht, noch ein zweites an Lager zu nehmen, auch diese Intention würde sich im weiteren Verlauf als glückliche Fügung herausstellen. Er riet mir, bloss eine Hälfte zu nehmen, ich nahms zur Kenntnis.

Die Qualität meiner Handy-kamera reicht von peinlich bis amüsant, zwei Aufnahmen vom Gelände, das hier allerdings eher nach Bauernfest aussieht. Hinter dem DJ an der Wand ein Allsehendes Auge, schlecht zu erkennen auf Bild 2.

Ein Blick ins Portemonnaie viel ernüchternd aus, ganze 4 Franken und 10 Rappen waren übrig geblieben. Da ich nun mein primäres Ziel bereits erreicht und nicht vor hatte, im weiteren Verlauf des Abends zu verdursten, hielt ich es für angebracht, die Party wieder Richtung Bahnhof zu verlassen bzw. auf den Bus zu warten.

Der Schlingel von Chauffeur öffnete nun, es war etwa halb 12 Uhr Abends, nur mehr die vorderste Tür des Busses, um einen Fahrschein kam ich also nicht mehr rum. "Mit Halbtax?" - "Nei" - "4 Franken 10". Ungelogen reichte meine Barschaft genau auf den Rappen um das Billet zu bezahlen, zum Glück hab ich mir die Hinfahrt geschenkt. Er brachte mich zum Bahnhof, das Zugbillet konnte ich mit Karte bezahlen und kurz vor 12 sass ich auch schon wieder im Zug. Vor mir 1h15min Bahnfahrt. Da ich mich nun auf dem Weg zurück in eine gewohnte Umgebung befand, umd keinerlei Umgesteige meinen Fahrtkomfort zu beeinträchtigen drohte, schien um Punkt 12 Uhr der richtige Zeitpunkt gekommen, mal ein wenig zu kosten. Die Hälfte sollte es sein.

Wirkungslose 3/4h später begann ich zu zweifeln und hielt es für angebracht, mir die andere Hälfte einzuverleiben. Eine weitere Viertelstunde später kriegte ich ein mexikanisch/hawaiianisches Gefühl, und bald darauf traf der Zug ein. Ich merkte, irgenwas ging, doch es hielt sich noch in Grenzen. Da ohnehin kein Bus mehr fuhr lief ich nach Hause, der badischen Bahn entlang, und irgendwann hob ich mein Haupt um die Sterne zu betrachten. Wow. Wow! Oh mein Gott! So etwas wunderschönes hatte ich noch nie gesehen, die Sterne funkelten unbeschreiblich, und der Himmel strahlte in betörendem Tiefblau, ich war wie gebannt. Wohl gute 15 Minuten stand ich einfach nur da und bestaunte das Himmelsgewölbe.

Ich ging weiter, kam zum Aussichtspunkt über dem Rheinfall, und blieb erneut hängen. Wie wunderschön die Welt doch ist! Wunder über Wunder, wohin ich auch blickte. Nun hielt ich es für klug, zurück in meine Wohnung zu gehen, ein- zwei zu drehen und ein wenig TV zu schauen. Ein Film bei RTL. Ich fragte mich, weshalb der Regisseur den Akteuren und Hintergründen ein Grün/Gelb/Purpur Farbwechselspiel verpasste. Ich setzte mich auf den Boden und betrachtete das bemusterte Wandtuch. Es bebte, es wallte, als würde es einen Ozean bedecken. Das Muster verlief, die Strahlen der Sonne im Muster pulsierten. Da es gerade so schön war, und ich in Alles-Nichts-Oder Stimmung, nahm ich nun auch noch das zweite Teil, packte meine Sachen und ging wieder nach draussen.

Mittlerweile war es zwischen 2 und 3 Uhr, die zweite Ladung startete und ich erlebte die Nacht meines Lebens. Zwischenzeitlich sass ich auf einer Kugel, und ich sah die "Realität" von mir wegdriften. Ich erlebte die Bestätigung all dessen am eigenen Leib, was hier schon mit Bezug auf die "Realität" gesagt wurde, zB wo sie erschaffen wird. Ich entschloss mich dazu, spazieren zu gehen und runter zum Rheinfallbecken zu gehen. Ich sah die Sterne, den Sonnenaufgang, hört die Vögel pfeiffen, lieblich wie nie zuvor. Die Bäume leuchteten, waren von einer Sphäre umgeben, und der Himmel strahlte in Lila bis Rosarot, alles wunderschön, kaum fassbar und unbeschreiblich. Es fühlte sich an, als hätte ich ein Auge in den Himmel geworfen... es war so wunderschön und erfüllend, es lässt sich nicht in Worte fassen. Und in einem Moment wurde mir alles klar, über die Illusion, über den Zustand des Seins in der Normalität, ich konnte die Gegenwart des Schöpfers fühlen wie nie zuvor. Da wäre noch viel mehr zu berichten, aber Worte können der Erfahrung ohnehin nicht gerecht werden.

Staunend ging ich weiter, glücklich, und unglaublich befreit - es war fantastisch! Gegen 7 Uhr morgens liess die Wirkung langsam nach und ich entschied mich dazu, nach Hause zu gehen und zu schlafen. Ich schlief 14 Stunden, kam langsam zu mir, seit Montag bin ich wieder völlig klar. Nun sah der Himmel wieder aus... nunja, ganz nett. Und ein Baum ist halt ein Baum. Die ganze Magie war futsch und die Normalität hielt schonungslos Einzug. Aber stolz wie Anton war ich auf mich, nicht nur weil ich den Punkt auf der Liste nun abhaken konnte, sondern schlicht weil ich mich zu all den Schritten getraut habe. Überwindung der persönlichen Angst, nichts ist mutiger. Ich bin froh, vor dieser Erfahrung nicht gekneift zu haben, und all die kleinen Zeichen dieses Abends waren mir Hinweis genug, dass die rechte Zeit gekommen ist. Wohlgemerkt, dies ist keine Empfehlung, ich wollte nur von meinem Erlebnis berichten; auch wenn es ein "Tabu" ist, über das man nicht spricht. weil manche Menschen nichtmal aus der Entfernung damit umgehen können, schnell darin sind, andere zu richten, und man sich selbst damit stigmatisiert. Seis drum, es interessiert mich nicht; ich bin lebendig, ich lebe, und habe keine Angst davor. Ein weiterer Punkt auf meiner imaginären Liste ist erfüllt, und niemand kanns mir nehmen. Einer steht noch aus, ich hab schonmal davon gesprochen und ja, ich werde es auch tun.